In diesem langen, ausführlichen Interview berichtet "Mondkalb" über ihre Erfahrungen mit Windelfrei, wie sie begonnen hat mit dem Abhalten, welche Back-Ups sie benutzt und welche Stoffwindeln sie getestet hat, wie sie mit Pannen und Abhaltestreiks umgegangen ist und wie dann das Trockenwerden ablief. Denn das kleine Kälbchen ist seit dem 5.5.2015, da war es gerade 16 Monate alt komplett ohne Windeln – tags, nachts und unterwegs – und trocken.
Bitte beachte, dass dieser Blogartikel nicht die Meinung von Windelwissen wiedergibt, sondern der Erfahrungsbericht einer Mutter ist. Um zu erfahren, wie unsere Empfehlung „Teilzeit-Windelfrei mit Windeln“ funktioniert, kannst du beginnen dich hier einzulesen.
Mondkalb hat das Wort:
1. Wickeln mit Wegwerfwindeln
Die ersten 5 Monate wurde er mit den Pampers Wegwerfwindeln gewickelt – sponsored by grandma.
Wir haben die Windeln sehr oft gewechselt, weil die Pampers Newborn ja einen Streifen haben, der blau wird, wenn Pipi drin ist.
Wir haben direkt nach jedem Pipi gewechselt, weil ich mir das nicht vorstellen konnte, es nicht zu tun, wenn ich ja schon sehe (und rieche im Übrigen), dass da Pipi drin ist! Gekackt hat er eigentlich immer direkt nach/beim Stillen, das haben wir auch immer sofort weg gemacht. Beim Windeln wechseln hat er dann fast immer gepieselt: Im hohen Bogen vom Wickeltisch :-)
Meine Erfahrungen mit den Wegwerfwindeln?
Positiv fand ich den blauen Streifen. Er sensibilisiert ungemein für die Pipizeiten.
Negativ: Furchtbarer Chemiegeruch. Ja, auch das Auslaufen war Programm. Wir versuchten immer möglichst ohne Berührungspunkte im hinteren unteren Bereich, das Kind freizulegen (Das klingt genauso schlimm, wie es war *g*). Dennoch quoll es häufig hinten oder an den Beinen hervor. Das ist uns mit keiner Stoffwindel jemals wieder passiert :-)
Ich hatte überhaupt nicht weiter nachgedacht über Windeln, da meine Mutter meinen jüngsten Bruder knapp 4 Jahre mit Mull- und Bindewindeln wickelte. Da das in meiner Erinnerung immer furchtbar stank und nervig war, wollte auf keinen Fall Stoffwindeln.
2. Die Windelfrei-Anfänge
Irgendwann bin ich auf das sogenannte Windelfrei gestoßen. Wie es dazu kam? Ich habe mich, als mein Sohn ca. 5 Monate alt war, bei www.rabeneltern.org angemeldet und hatte dort mehrere Aha-Erlebnisse :-)
Unteranderem kamen wir so auf verschiedene Blogs, einer interessanter als der andere. Auf einem dieser Väterblogs (Ich weiß leider nicht mehr welcher), stand ein Bericht über "Windelfrei" und warum das funktioniert. Ich las das meinem Mann vor und überraschenderweise sagte er: "Lass uns das ausprobieren!" Ja, und dann war das Kind nackig und glücklich. Er trug nur T-Shirts und Babylegs. :-) Wir waren sehr selten unterwegs in diesem Sommer, da es soooo heiß war. Nur sehr früh morgens oder sehr spät abends haben wir das Haus verlassen. Er bekam eine Mulli umgeschlungen, die ich mit Druckknöpfen (KAM-Snaps) versehen habe, Babylegs an und kam ab in die Trage oder ins Tuch.
Windelfrei lief von Anfang an super! Wir waren so überrascht, vor allem Kacka ging zu 99% ins Klo oder Waschbecken. Unfälle gab's eigentlich nur, wenn er auf dem Bauch lag, was aber nicht so häufig war, da er eigentlich so gut wie immer getragen wurde. Unsere Tragetücher sind Pipifrei. In die Tragehilfe gingen ein oder zwei mal Pipi. Einmal gab es auch ein ich-kanns-nicht-mehr-halten-Kacka, vor dem er aber auch wütend rumturnte, ich ihn aber nicht rausholen konnte. Von Vorteil war sicher, dass wir noch beide zu Hause waren und somit zwei Erwachsene sich voll und ganz der Babykommunikation widmen konnten. Ich merkte den Unterschied aber schnell, als ich dann wieder arbeiten ging, weil mein Mann so viel erfolgreicher beim Abhalten und Kommunizerien war als ich. Diese Eifersucht musste ich erst mal überwinden, um dann meine eigene Kommunikation aufzubauen. Seitdem bin ich nahezu unfehlbar, was das 'ich glaube, er muss kacken' angeht :)
3. Schutz und Back-Up für "Windelfrei"
Natürlich haben wir zuhause für einen gewissen Schutz gesorgt. Zum einen habe ich bei ebay einen recht dicken Baumwollstoff mit Mäuschen drauf gefunden. Der ist wasserdicht und ich habe x-tausend Unterlagen in verschiedenen Größen daraus gemacht:- 2,50 m lange für unser Floorbed
- 40x80 für nachts unter den Po
- sogar 10x20 für die Puppe mittlerweile *g*
- sehr viele Mullwindeln
- zwei Bettunterlagen aus Molton von Alvi
- ein paar 80x80 und 40 x40 Moltons
4. Tricks und Tipps, die dir bei "Windelfrei" helfen können
Am Anfang haben wir ein Stück Tafelfolie übers Klo geklebt und eine Pipi/Kaka ja/nein Statistik geführt, die Abends fotografiert wurde (Statistiknerds *g*). Zum Auswerten kamen wir allerdings nicht mehr so wirklich. Aber es war schön zu sehen, wie erfolgreich das Ganze war. Im Klodeckel hatten wir Spiegelfolie geklebt und der Kleine liebte das sehr. Ich hab von Anfang an ein "schschsch"-Geräusch gemacht, während mein Mann eigentlich eher nur geduldig hielt (und viel mehr Treffer hatte als ich!). Recht bald führten wir ein Pipilied ein. Das fand der Kleine toll und das war auch sehr erfolgreich. Das Lied haben wir erst in der Streikphase aufgegeben. Hier siehst du Bodys, die mit Bündchenstoff zu Hemdchen umgenäht wurden: Unsere selbstgenähten Splitpants (hatten nur ein paar davon):5. Windelfrei-Pannen
Natürlich gab es ab und an Pannen und Pfützen. Genervt war ich eigentlich nie, manchmal frustriert, dass ich was übersehen habe, nicht aufmerksam genug war, etc. Das Sofa hat erstaunlicherweise nie etwas abbekommen. Die einzige kritische Pfütze war im Bad auf dem Hocker oben. Ich hab es nicht bemerkt und das Kind rutscht aus *kreisch* Ich hab ihn Gott sei Dank gefangen. Danach gab's überall diese Toftbo-Badematten von Ikea. Die saugen ordentlich was weg — Sogar bei einer Waschmaschinenhavarie :-)6. Signale, Rhythmus, Timing
7. Signallaute
Unsere Signallaute, damit der Kleine merkt, dass er pinkeln konnte, waren unterschiedlich:- Nachts immer noch "schschsch", weil das im Dunkeln und im Halbschlaf einfach am besten klappt. Aber immer zusammen mit einem Muskelentspannen meinerseits, also noch ein körperliches Signal dazu.
- Tagsüber hatten wir das Lied.
- Dann 'jetzt kannst du' oder ähnliches.
8. Abhaltepositionen
Mein Mann grundsätzlich vor der Brust, mit Gesicht nach vorne. Außer vor dem Schlafengehen, da gehört zu ihrem Ritual, dass der Kleine auf dem Rand der Wanne steht und Papa ihn festhält und leicht nach vorne beugt :-) Ich mache das auch, habe aber noch die Wiegeposition, vor allem nachts, da geht's nur mit Brust im Mund - nach wie vor *g* Wo hinein?- Am Anfang von Windelfrei haben wir Badewanne, Klo und Badwaschbecken benutzt.
- In jedem Raum stand ein größeres Gefäß (Ikeapapierkorb, Clearbox, Rührschüssel, Blumentopf). Aber es musste bald alles erhalten, auch Kaffeetassen :)
- Im Küchenwaschbecken war das auch immer eine Art Anreiz, das jeweilige dort stehende zu treffen :)
- In öffentlichen Verkehrsmittel haben wir auf einen Wegwerfwindel gepinkelt.
- Bäume fand er immer super. Zur Zeit pinkelt er gerne über Zäune.
9. Abhaltestreik
Im September kamen dann selbst genähte Pocketwindeln ans Kind. Kurz darauf habe ich PUL bestellt und wasserdichte für die Nacht genäht. Aber die Nähe zogen immer Wasser, das hat mich genervt. Also gab es unsere ersten gekauften Stoffwindeln, 3 Alvababy Pocketwindeln aus PUL mit Mikrofaser und Bambusbooster. Das hat super funktioniert! Aber auch hier war ich wieder genervt, weil es ja meist nur ein bisschen Pipi war und immer war die ganze Windel nass. Mit 11 Monaten fing das Kind an zu laufen und es kam ein fetter Abhaltestreik. Von 11 Monate bis ca. 13 Monate ging nullkomma nix. Es war Winter und wir sind für draußen und morgens zurück zu Pampers. Das war eine schlimme Zeit. Ich wusste ja, dass er muss. Er streckte sich aber durch beim Versuch ihn abzuhalten und kreischte ganz schrill, wenn man ihn darauf ansprach. Ich hab sehr gelitten unter dieser Ohnmacht und habe viel im Rabeneltern-Forum dazu gepostet. Immer wieder kam dort die Antwort 'Es ist nur eine Phase'. Das versuchte ich mir zum Mantra zu machen. Ich habe resigniert, Pampers bestellt und (im Stehen) gewickelt. Eine Zeit lang habe ich probiert ihn abzuhalten oder aufs Töpfchen zu setzen. Danach nicht mehr. Ich habe nur durchgehalten, weil es nachts ja einwandfrei geklappt hat! Als das auch nicht mehr ging, da gab's die AIOs, drei Stück im Wechsel. Teilweise mit Wollüberhose, bis er selber nicht mehr wollte. Seit dem schläft er nachts unten ohne. Manchmal mit Nachthemd. Aber auch in Windeln habe ich ihm - vorallem vor der Nacht - mitgeteilt, dass ich ihn gerne abhalte, wenn er muss. Eine Zeit lang habe ich nachts nur nach Uhr abgehalten und die Windel war meist trocken. Erstaunlicherweise aber häufiger die Wegwerfwindeln als die Stoffwindeln! In der Phase des Abhaltestreiks haben wir versucht ihn nach jedem Pipi trocken zu legen. Also so oft er das zuließ. Wir wurden auch kreativ und haben z.B. die PULs geknöpft und ihm als 'Höschen' angezogen. Irgendwann hat er gemerkt, dass man in Pampers 'länger' kann und wählte dann selber eine solche Windel aus. 'Es ist nur eine Phase, es ist nur eine Phase!' Dann bin ich auf deinen Blog gestossen und hab die Flip Snap Hybridwindel gekauft (Zuerst die Klett-Version, das geht ja gar nicht!). Ich habe kleine Handtücher als Einlage reingelegt und alle waren happy. Naja fast: Mich machte rasend, dass die Einsteckteile so klein sind, dass sich beim laufenden Kind alles rauswurschtelt. Zum Abhalten und Teilzeit-Windelfrei ist die Flip eher ungeeignet. Vielleicht hätte ich lieber andere probieren sollen, da halten die Einlagen anscheinend besser ;-) Das habe ich mir übrigens zum Vorbild genommen und (erfolgreich) mit freier Menstruation angefangen.10. Trocken werden nachts
11. Tagsüber trocken werden
Tagsüber wollte er dann plötzlich auch keine Windeln mehr. Er zog sie selber aus und entdeckte das Töpfchen für sich. Mist, eigentlich wollte ich noch die gDiaper ausprobieren... Das letzte Mal eine Windel trug er am 5. Mai 2015. Unfälle sind an zwei Händen abzählbar! :-) Davor hatte er die Windeln und Babylegs oder andere Stulpen an, selten auch mal eine Leggings, aber zuhause eigentlich nie. Die Stoffwindeln sind aber auch zu schön, um sie zu verstecken und es ist viel praktischer so gewesen! Als er keine Windeln mehr wollte, hat er sie sich einfach runtergezogen. Das 'echte' Trockenwerden, also ganz ohne Windel, waren spannende Tage. Zu Hause lief das so, dass er morgens sehr zuverlässig ansagte. Nach dem Mittagsschlaf wurde die Bereitschaft immer geringer. Abends war manchmal Katastrophe und nachts ging's wieder super. Draußen hab ich mich lange nicht getraut. Mein Mann hatte aber recht früh damit angefangen, ihm auf den morgendlichen Ausflügen, wenn ich arbeitete, einfach die Wahl zu lassen. Er berichtete, wie toll das lief. Selbst auf dem Spielplatz und auch wenn andere Kinder dabei waren. Er steuert zum Pinkeln lassen auch immer wieder vertraute Plätze an (so wie zu Hause das Klo eben). Man musste ihn ab und zu fragen 'Musst du Pipi?' oder nach Intuition oder Zeit einfach abhalten, bei Sträuben aus der Situation nehmen und reden – also ganz beim Kind sein – dann klappte das gut. Als ich mich dann auch traute, brauchte es wieder eine bisschen 'Umgewöhnung'. Aber man vergisst es schnell. Ab und zu fiel uns auf: "Hey wir waren den ganzen Nachmittag unterwegs, aber er musste nur einmal." Oder als wir das erste Mal ohne Windel bei anderen Leuten zu Besuch waren, fiel uns erst im Nachhinein ein, dass man vielleicht hätte Bescheid geben sollen, dass eventuell was daneben gehen könnte. War ja aber nicht so :-) Und ja, wir halten ihn unterwegs ab. Das Hinhocken mit Klamotten schafft er noch nicht. Zuhause hockt er sich aber gerne auf dem Balkon hin, zieht sich einen dieser Untersetzter für Töpfe ran und füllt den :-)12. Mut und Zuversicht
Mein Mut und meine Zuversicht ihm einfach zu vertrauen und "einfach so" zu machen, kommt daher, weil ich irgendwann gemerkt habe, WAS er schon alles kann, für sich entscheiden kann, versteht, abwägt, etc. Man traut (kleinen) Kindern im Allgemeinen viel zu wenig zu, glaube ich. Und wichtig ist, denke ich, neben Vertrauen die geeignete Kommunikationsform zu finden. Daran arbeite ich immer noch, aber je besser ich werde, desto zuversichtlicher wurde/werde ich. Für mich essentiell in meiner 'Herangehensweise' an das Kind als solches war 'Liebe und Eigenständigkeit' von Alfie Kohn, weil er mir die Augen für so vieles geöffnet hat, was in der Kommunikation mit Kindern, auch Kleinstkindern so wichtig ist: das Zuhören! Mein Mann meint noch, bei ihm war das so, dass er halt noch ein Wechselset (und auch eine Windel) dabei hatte. Er sagte sich: "Probieren wir's so lange, bis etwas passiert. Dann kann ich dich ja immer noch umziehen und gegebenenfalls eine Windel ran machen." Und es ist halt selten was passiert. Hier auch wieder: Entspannt sein und nicht gleich aufgeben. Das war es zumindest bei uns, glaube ich. Und jetzt sind wir quasi fast ein volles Jahr "windelfrei" :-) Und ich hätte mir das nie träumen lassen und es keinem geglaubt, selbst im April noch nicht, obwohl er schon im Mai trocken und komplett ohne Windel war.13. Zwei wichtige Punkte für Windelfrei
Im Nachhinein kann ich noch zwei Punkte festhalten:- Entspannt sein ist enorm wichtig. Phasen, in denen es bei uns Eltern stressig war, waren auch mit vielen Unfällen korreliert.
- Und ich glaube, dass unsere lange Streikphase mitbegründet war durch das relativ abrupte und nicht gut kommunizierte draußen-nicht-mehr-abhalten wegen Schneeanzug, Wetter etc. Wir hatten es nicht mal versucht, leider. Es war einfach klar, dass man mit Schneeanzug zu viel auspacken müsste. Aber wir haben auch nicht nach Alternativen gesucht :-(