Stoffwindeln früher

Wasserdichte Stoffwindeln sind eine ziemlich neumodische Erfindung

Wie wurden die Kinder früher überhaupt gewickelt als es noch keine super praktischen modernen Stoff- und Wegwerfwindeln gab? Wurden Überhosen benutzt? Wie sahen sie aus? Wie wurden die Windeln gewaschen? Diese Frage geht mir ständig durch den Kopf.

Um meinen Wissensdurst ein wenig zu stillen, habe ich ein Interview mit unserer Tagesmutter Nelli geführt. Sie wurde am 15.11.1958 in Karaganda in der ehemalige Sowjetunion geboren und ist Russlandsdeutsche, das heißt ihre Vorfahren wanderten vor über einem Jahrhundert von Deutschland nach Russland aus. Mit dem Ende des kalten Krieges konnten sie und die gesamte Familie vor 24 Jahren nach Deutschland zurückkehren. Nelli ist Mutter dreier Kinder, die schon 19, 26 und 29 Jahre alt sind. In der Sowjetunion gerade in entlegenen Gebieten wie Sibirien gab es kaum etwas zu kaufen. Wie dort vor 20 bis 30 Jahren gewickelt wurde, so in etwa wurde in Westdeutschland vor 40 bis 50 Jahren gewickelt.

Nelli, wie hast du deine Babys gewickelt?

Zu meiner Zeit hat man noch mit Baumwollwindeln gewickelt. Man hat die Windel zu einem Dreieck gefaltet und um das Kind geschlagen. So einfach.
Gab es Überhosen gegen die Nässe?
Ich kann mich jetzt nicht an alles erinnern. Ich weiß, dass wir manchmal Plastikfolien benutzt haben, aber die gab es nicht immer zu kaufen. Meistens ging es wohl ohne.
Aber dann ist das Baby ja nass geworden. Was hat man den Babys denn angezogen?
Die ersten Monate wurden die Babys noch fest eingewickelt. Ich glaube heutzutage nennt man das "pucken". Man legt ein großes Tuch hin, bringt es durch Umschlagen auf die richtige Länge, dann legt man einen Arm an, schlägt das Tuch um, dann packt man die Füße ein. Der nächste Arm wird angelegt und das Tuch wird umgeschlagen. Fertig.
Und dann musste man ständig Windeln wechseln?
Am Anfang machen die Kleinen ja noch nicht so viel und schlafen außerdem oft. Aber ja, dann mussten wir regelmäßig die Stoffwindel wechseln, wenn es nass wurde. Wir hatten dann auch genug Wäsche.
Hatte das Baby unter dem Pucktuch noch etwas an?
Obenrum hatten die Babys natürlich noch mehrere Hemdchen an, untenrum nichts, da war ja die Windel.
Wegwerfwindeln gab es noch gar nicht?
Wegwerfwindeln kannte ich nicht. Die habe ich erst bei meiner zweiten Tochter verwendet, als wird schon in Deutschland waren.
Wo lag das Kind dann, so ganz eingewickelt?
Viele hatten eine Wiege daheim, wir ein normales Babybett. Aber die Kleinen weinen ja noch oft und man muss sie viel herumtragen und stillen.
Hatten Babys auch manchmal Zeit zum strampeln oder wurden auf den Bauch gelegt? Da stört ja das ganze Einwickeln.
Daran kann ich mich jetzt gar nicht erinnern. Wahrscheinlich hatten sie beim wickeln Zeit zum strampeln. Auf den Bauch gelegt habe ich die Babys in den ersten Monaten nicht. Wir haben die Babys nach ein paar Monaten zwischen Kissen gesetzt, damit sie das sitzen lernen. Da fällt mir ein: Ich habe auch nie etwas von "Bäucherchen machen" gehört. Einen Kinderstuhl hatten wir auch nicht, gegessen wurde auf unserem Schoß.
Woher hattest du denn dein Wissen? Hast du Bücher gelesen oder weißt du alles von deiner Mutter?
Nein, Babybücher habe nicht gelesen. Bis das Baby ein Jahr alt war kam zu jeder Familie regelmäßig eine Hebamme vorbei, die alles Wichtige zeigte und erklärte. Sie hat mir gezeigt, wie man das Baby einwickelt und beruhigt, später wie man zufüttert.
Hat sie dir auch gezeigt, wie man Stoffwindeln wäscht?
Nein, das hab ich gemeinsam mit meiner Schwiegermutter gemacht. Einmal im Monat gab es die "große Wäsche", da wurden Bettlaken und andere Tücher gewaschen. Heißes Wasser hat man im Waschraum, den kann man sich wie eine Sauna vorstellen, heißgemacht. Dazu hat man große Töpfe auf einen Herd gestellt. Die Waschmaschine sah aus wie ein großes Faß und war oben offen. Da wurde die Wäsche und das heißes Wasser reingetan. Und dann hat die Waschmaschine geschleudert, sie lief schon elektrisch. Um die Nässe aus dem Stoff zu bekommen musste er zwischen zwei Walzen, die oben auf der Waschmaschine angebracht wurden, hindurchgepresst werden. Wie gesagt, diesen Waschtag gab es nur einmal im Monat. Die Windeln mussten natürlich viel öfter gewaschen werden, das hab ich per Hand gemacht. Warmes Wasser in eine Schüssel, alles schön einseifen, ein paar ausspülen und zum trocknen aufhängen. Kacka haben wir immer sofort ausgespült und alles eingeweicht.
Ach und wie lief das unterwegs mit den Stoffwindeln?
Unterwegs war das natürlich schrecklich kompliziert, man ist mit den Kleinen einfach nicht so oft weggefahren. Wir sind natürlich oft unsere Eltern besuchen gegangen, die in der selben Stadt gewohnt haben, aber nie weiter weg.
Die Babys konnten ja nicht ewig so eingewickelt werden. Hat man ihnen auch irgendwann normale Kleidung angezogen?
Mit 4 Monaten etwa hat man die Arme nicht mehr eingewickelt. Eigentlich haben die Babys das von alleine gemacht: Sie wurden stärker und stärker und konnten irgendwann ihre Ärmchen befreien. Dann wurden nur noch der Popo und die Arme mit der Windel und dem großen Tuch eingewickelt. Nach 6 oder 7 Monaten wurden dann auch die Beine stärker, die Babys fingen an zu strampeln und man hat angefangen Strampler anzuziehen.
Strampler wie man sie heutzutage kennt?
Meistens Hosen mit Gummizug und Füßen unten dran, aber auch Strampler die bis zu den Schultern gingen.
Und wie hat man die Windel dann angezogen?
Ab jetzt hat man gar keine Windel mehr genommen.
Gar keine Windel mehr? Also alle 20 Minuten war das Baby nass?
Nein, nicht alle 20 Minuten. Man hat die Babys abgehalten oder auf das Töpfchen gesetzt, da ging schon das meiste Pipi hin.
Aha, also "windelfrei". Wann hat man denn angefangen die Babys abzuhalten?
Viele haben wohl so mit 4 Monten angefangen. Früher haben das ja wirklich alle Eltern gemacht. Wann ich das genau gemacht hab, weiß ich gar nicht mehr.
Wie hat das Abhalten funktioniert?
Naja, nach dem Aufwachen oder nach dem Stillen weiß man ja, dass die Babys sowieso Pipi machen. Dann hat man sie genommen und über eine alte Zeitung oder eine Schüssel gehalten, in Hockposition. Dabei hat man gesagt "Pipi, Pipi, mach Pipi", damit das Baby schon versteht, was man von ihm will. Meistens hat das geklappt. Und wenn das Baby sitzen und krabbeln konnte, hat man angefangen es regelmäßig aufs Töpfchen zu setzten.
Nur nach dem Stillen und Schlafen oder auch zu anderen Gelegenheiten?
Irgendwann weiß man ja dann wann sein Baby muss, das ist ja keine Zauberei. Manche müssen nach 30 Minuten, manche nach einer Stunde. Das hat man dann im Gefühl. Klar ging auch öfters was daneben. Aber dafür waren ja die Strampler da.
Hattet ihr keine Angst, dass eure Teppiche nass werden?
Da dran kann ich mich nicht genau erinnern. Wenn ich mir das so überlege, dann waren die Babys meistens in ihrem Laufstall oder in den großen Babybetten, da wurden Tücher hingelegt. Ja, mit 8 Monaten bin ich wieder arbeiten gegangen und meine Schwiegermutter hat auf meine Tocher aufgepasst. Wenn ich gegangen bin und wenn ich wiederkam war sie im Laufstall. Das ist so ein Bild aus meiner Erinnerung.
Wollten die Kleinen da nicht raus?
Mh, ich kann mich nur daran erinnern, dass meine Tochter fast nie geweint hat. Sie saß in ihrem Laufstall und hat gespielt.
Die Kleinen saßen also auf dem Töpfchen und haben Pipi gemacht. Hat man gelobt und gestraft oder irgendwie anders versucht den Babys den Töpfchengang schmackhaft zu machen?
Ein bisschen gelobt haben wir bestimmt, aber nicht viel. Wir hatten ja auch keine große pädagogische Ausbildung. Bestimmt haben einige Leute geschimpft, wenn ihr Baby in die Hose gemacht hat, ich aber nicht. Das sind ja Babys, die machen das nicht absichtlich. Man hat die Kinder geliebt wie heute auch. Die nassen Hosen waren wohl ärgerlich genug, sodass sie lieber ins Töpfchen gemacht haben.
Und wann war deine Tochter trocken?
Mit etwa einem Jahr haben meine Kinder angefangen "Lulu" oder "Aa" zu sagen um aufs Töpfchen zu gehen. Zu der Zeit ging noch ein paar Mal am Tag was daneben, aber es hat auch in den meisten Fällen gut geklappt. Mit 2 Jahren waren meine Kinder zuverlässig trocken und selbstständig, konnte sich also die Hose hoch und runter ziehen und sich selbst aufs Töpfchen setzen.
Bild Quelle:Anbetung der Hirten-Detail“ von Georges de la Tour (1593 – 1652) - Musée de Louvre, Paris. Lizenziert unter Gemeinfrei über Wikimedia Commons.
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